Angelika Pagitz
Im Interview mit Blickpunkt:Film: Das Thema Nachhaltigkeit wird bei Cine Tirol groß geschrieben.
Seit wann engagiert sich Cine Tirol im Bereich der nachhaltigen Filmproduktion?
Zum ersten Mal sind wir 2011 im Rahmen der Berlinale mit Green Filming in Berührung gekommen. Seit damals konnten wir auch an themenspezifischen Branchenveranstaltungen teilnehmen, unser „grünes“ Netzwerk aufbauen, erweitern und stärken. Mit unserer Website Green Filming Tirol sind wir 2020 dann so richtig in das Thema einsteigen. Der Begriff selbst kam jedoch schon viel früher in die Branche, bspw. als 2006 die UCLA eine erste Studie zum Co2-Ausstoß bei Filmproduktionen veröffentlicht hat.
Wie steht es um das Umweltbewusstsein in Tirol allgemein? Die vielen Naturlandschaften bedingen ja fast zwingend den Schutz…
Tirol ist reich an natürlichen Ressourcen sowie einzigartigen (Natur-)Landschaften, die auch in unterschiedliche Schutzzonen eingeteilt sind, z.B. Natura2000-Gebiete, Naturschutzgebiete, Landschaftsschutzgebiete und Ruhegebiete. Zudem versteht sich die Tiroler Umweltanwaltschaft als Anwalt zur Vertretung der Interessen der Tiroler Natur und Umwelt. Auch der Umwelt Verein Tirol leistet einen wesentlichen Beitrag: Er setzt sich für Projekte und Initiativen ein deren Ziel es ist, Bewusstsein für Ressourcenschonung, Nachhaltigkeit und Klimaschutz zu schaffen und bildet auf Gemeindeebene Abfall- und Umweltberater:innen aus. Mit dem Projekt „CLAR – Clean Alpine Region“ der Lebensraum Tirol Holding Gruppe werden Tiroler Tourismusregionen unterstützt, Maßnahmen in den Bereichen Klimaschutz, Nachhaltigkeit und Energie umzusetzen und sich als klimafreundliche Region weiterzuentwickeln. Auch das Convention Bureau Tirol legt mit seinen Partnern einen großen Wert auf ein nachhaltiges und verantwortungsbewusstes Angebot in der Meetingbranche.
Wie sah die Aufbauarbeit des Green-Filming-Bereichs bei Cine Tirol aus und was umfasst das Angebot in diesem Bereich?
Die wichtigste Partnerin auf dem Weg zu unserer Website Green Filming Tirol war und ist nach wie vor die LAFC – Lower Austrian Film Commission. Bereits Anfang 2018 präsentierte die LAFC mit EVERGREEN PRISMA einen überaus bemerkenswerten, beispielgebenden und zukunftsweisenden Green Guide. Um das Bewusstsein für nachhaltiges Filmschaffen auch in Tirol zu stärken, sind wir 2020 Mitglied der von der LAFC gegründeten Arbeitsgemeinschaft „Green Filming Austria“ geworden. Der konstruktive Austausch sowie die interregionale Zusammenarbeit mit den Kolleg:innen ist nach wie vor wichtig und angesichts des neuen Anreizmodells für den Filmstandort Österreich mit dem Green Bonus unabdingbar. Green Filming Tirol soll Filmschaffenden die bestmöglichen Informationen bieten, um ihre Filmprojekte unter nachhaltigen Aspekten auch in Tirol realisieren zu können. Neben grundlegenden Informationen über Green Filming, können Interessierte unter „5 Fragen an …“ einen Blick in die Praxis werfen und finden im „Marktplatz Tirol“ eine Auflistung an nachhaltigen Tiroler Unternehmen, die einer Filmproduktion dienlich sein können: Von Tiroler Biokosmetikhersteller:innen über zertifizierte Unterkunftsbetriebe bis hin zu regionalen Bio-Lebensmittelerzeuger:innen – die Datenbank ist (leider) noch nicht vollständig, aber wir bemühen uns, diese stetig zu erweitern.
Wie sieht es denn in Sachen Weiterbildung aus? Mittlerweile gibt es ja sogar den eigenständigen Berufszweig des Green Film Consultant.
Die Aus- und Weiterbildung von Tiroler Filmschaffenden zum Thema Green Filming ist uns ein großes Anliegen. Die vielfältigen Weiterbildungsmöglichkeiten der LAFC, welche in Kooperation mit Philip Gassmann/Green Film Tools im Rahmen der EVERGREEN PRISMA Green Filming Academy angeboten werden, vermitteln österreichischen Filmschaffenden ein fundiertes und praxisorientiertes Wissen. Ich selbst durfte die dort angebotene Ausbildung zum Green Film Consultant Austria (GFCA) absolvieren – zwar bin ich nicht aktiv als GFCA tätig, jedoch kann ich bei Anfragen, die uns erreichen, entsprechend reagieren und vernetzen. In Tirol gibt es mit Jeannette Ziemeck und Heinz Laab aktuell zwei aktive Green Film Consultants Austria. Der Wunsch, dass diese Zahl weiterwächst, ist selbstverständlich vorhanden.
Ist das Thema nachhaltiges Filmschaffen in der österreichischen Branche flächendeckend angekommen? Wird diesbezüglich der Grüne Bonus einen weiteren attraktiven Impuls setzen?
Das Thema ist durchaus in der Branche angekommen. Allerdings ist wichtig, am Ball zu bleiben, sich weiter konstruktiv auszutauschen und zusammenzuarbeiten. Nur so kann der Bereich wachsen und sich weiterentwickeln. Der Bedarf an klimafreundlichen Stromgeneratoren oder Elektroautos ist allerdings noch nicht in ausreichendem Umfang vorhanden. Es muss mehr Anbieter speziell in diesen Bereichen geben. Vor allem hinsichtlich des Green Bonus des Anreizmodells, das den Bedarf sicherlich noch einmal steigern wird.
Welche Rolle spielt Green Filming beim Production Incentive von Cine Tirol?
Wir haben Green Filming in unseren aktuellen Production Incentive Richtlinien als eigenen Punkt integriert. Wir bitten die Antragssteller:innen bereits im Vorfeld, die Tiroler (Natur)Landschaften durch einen verantwortungsvollen Umgang im Rahmen der Filmproduktion zu schützen und verweisen zudem auf unsere Website Green Filming Tirol, den filmspezifischen Co2-Rechner der LAFC und das Österreichische Umweltzeichen für Green Producing. Im Zuge des Projektabschlusses wird zudem erhoben, welche grünen Maßnahmen in Tirol bereits gut umgesetzt werden konnten und bei welchem es noch Nachholbedarf gibt. Mit diesem wertvollen Feedback können wir dann weiterarbeiten und nach Lösungen suchen. Green Filming lebt vom Erfahrungsaustausch und kann sich auch dadurch weiterentwickeln.
Welche Bereiche einer Filmproduktion können schon relativ leicht grün umgesetzt werden?
Die Verwendung von Mehrweggeschirr, minimaler Ressourcenaufwand bei Druckwerken, regionaler (Bio-)Einkauf oder Mülltrennung – die Umsetzung dieser Maßnahmen sind in Bezug auf eine grüne Produktion schon relativ leicht durchführbar. Die erste mit dem Österreichischen Umweltzeichen für Green Producing zertifizierte TV-Serie „SOKO Kitzbühel“ (2019) arbeitete im Rahmen der Dreharbeiten in Tirol bspw. auch eng mit heimischen Betrieben zusammen, nutzte Second Hand Produkte im Kostüm- und Requisitendepartment, alle Reinigungsmittel, Büroartikel, Hygieneartikel und Schminkmaterialien trugen Umweltverträglichkeitssiegel, zudem wurden alle Spiel-Fahrzeuge und ein Teil der Produktionsfahrzeuge auf Hybrid-Antrieb umgestellt.