Martina Wolf-Kuntner


Ho&Ruck ist ein sozialökonomischer Betrieb, der gebrauchte Dinge restauriert, repariert und weiterverkauft sowie Arbeitssuchende unterstützt, sich auf eine neue Berufstätigkeit vorzubereiten. 

Ein sozialökonomischer Betrieb, der die Philosophie des Wiederverwendens lebt – Welche Beweggründe veranlasste euch dazu, euch bereits vor 40 Jahren mit den Themen Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft zu beschäftigen?

Damals, vor 40 Jahren, waren Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft gesellschaftlich weder große Themen noch stehende Begriffe. Die Idee, Möbel und Haushaltswaren, die ihre Besitzer:innen nicht mehr brauchen, zur Geschäftsgrundlage zu machen, wurde aus der Gründungsfrage des Horuck geboren: Wie können wir Menschen, die dringend eine 2. Chance brauchen, diese 2. Chance bieten? Und das, trotz der Herausforderungen, die sie in ihrem Leben gerade bewältigen müssen, damals vor allem Arbeitslosigkeit auf Grund von Wohnungslosigkeit, Suchterkrankung, Hafterfahrung, Schuldenbelastung.

Nicht nur Ware erhält bei Ho&Ruck eine zweite Chance – vor allem auch Menschen, ein Ho&Ruck Slogan lautet „Arbeit als Chance“. Ihr schafft Arbeitsplätze und unterstützt jene, die am Arbeitsmarkt kaum Möglichkeiten finden. Wie entstand die Idee, aus Ho&Ruck nicht nur eine Bewegung der Nachhaltigkeit, sondern auch einen Wendepunkt für Menschen entstehen zu lassen?

Aus diesem Anliegen entstand, was heute „Sozialökonomie“ genannt wird: Die Kombination zeitlich begrenzter Arbeitsplätze – bei uns bis zu einem Jahr – gekoppelt mit Beratung und Qualifizierung. Und all das mit dem Ziel, gute Voraussetzungen für ein anschließendes dauerhaftes Dienstverhältnis im regulären Arbeitsmarkt zu schaffen. Auf diesem Wege haben sich unsere beiden Anliegen mit zwei gesellschaftlichen Erfordernissen getroffen: 2. Chancen für Menschen, die diese Chancen für ihre weitere positive Lebensgestaltung nutzen können, und 2. Chancen für gut erhaltene Dinge, die ansonsten im Abfall landen würden. Dass sich dieses Konzept so sehr bewähren wird – und langfristig so sehr gebraucht wird (das zeigen die inzwischen rund 200 Sozialen Unternehmen Österreichs), das konnten wir in unseren Gründungstagen nicht ahnen.

Dieses Jahr feierte Ho&Ruck 40-jähriges Jubiläum erkennt ihr einen Unterschied in Bezug auf die Akzeptanz und Unterstützung der Gesellschaft im Laufe der Zeit? In welche Richtung entwickelt sich das Bewusstsein für Nachhaltigkeit?

Ja, der Unterschied ist deutlich spürbar. Das Bewusstsein für Nachhaltigkeit ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Das hat viele gesellschaftliche Gründe. Vor 40 Jahren stand die – auch parteipolitische – Grüne Bewegung noch am Anfang. In der Zwischenzeit wurde von diesen Akteur:innen viel Bewusstseinsarbeit geleistet. Der im letzten Jahrzehnt zunehmend breit thematisierte Klimawandel sorgt zusätzlich für wachsende Betroffenheit und Handlungswillen. Dazu kommt der inzwischen geschaffene und verstärkte Druck zum nachhaltigen Wirtschaften, den gesetzliche Bestimmungen beisteuern. Vor 40 Jahren war der Kauf von Gebrauchtem ein Zeichen von Armut oder ein Signal gesellschaftskritischer Randgruppen. Das ist heute ganz anders. Wieder- und Weiterverwenden ist heute „hip“ und Secondhand schick.

Green Filming Tirol – Welche Chancen und Möglichkeiten sehen Sie im Zusammenhang mit Green Filming für Tiroler Unternehmen?

Jede Auseinandersetzung mit dem Themenfeld Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft ist ein Gewinn für Menschen und Unternehmen. Wir wissen alle, „so kann es nicht weitergehen“, wir müssen umdenken. Dabei geht es nicht um moralisch untermauerte Verzichtsgebote oder Verbote. Es geht darum, dass wir ja alle merken: Wir wollen etwas anderes als andauernden Konsum. Schneller, größer und mehr ist kein taugliches Rezept für mehr Zufriedenheit und Glück. Rücksicht, Umsicht und Solidarität gegenüber Menschen und unserer Natur und Umwelt hingegen bieten Erfahrungen, die sehr wohl zum Wohlbefinden beitragen, auf eine befriedigende, berührende und nachhaltigere Art.

Ihr grüner Tipp Was kann jede:r von uns dazu beitragen, Konsum nachhaltiger zu gestalten?

Eine Möglichkeit, unserem Konsum im Alltag nachhaltiger zu gestalten, ist der Weg der kleinen Schritte: Genau dort beginnen, wo man ist, und Schritt für Schritt ETWAS konsequenter umweltschonend handeln. Wenn wir uns Tag für Tag auch nur 1 % weniger umweltschädlich verhalten, summiert sich das über ein Jahr ganz wunderbar.

Kontakt:
Martina Wolf-Kuntner
Geschäftsführung Ho&Ruck
Haller Straße 43
6020 Innsbruck
Tel.: +54 512 267731 50
Mail: martina.wolf-kuntner@horuck.at

www.horuck.at